Meinungsstabilität

Frau Strobel hat in ihrem Artikel über „die Kunst auch mal Nein zu sagen“ ins Schwarze getroffen.

Das Thema tuschiert uns privat wie beruflich. In vielen Seminaren über Arbeitsproduktivität und Komplexitätsreduktion bespreche ich dieses Thema mit den Teilnehmern. Warum? Weil viele unserer alltäglichen Schwierigkeiten dadurch entstehend, dass wir Ja-Sagen, wenn wir Nein-Sagen müssten: Zu einem Kollegen, zum Vorgesetzten, zum Ehepartner.

„Nein. Dieses mächtige und notwendige Wort ist für viele Menschen heute auch das schwierigste“, so der amerikanische Verhandlungsexperte William Ury (vgl. Focus 41/2012 S. 88).

„Sie stimmen ohne Rücksicht auf eigene Bedürfnisse zu, um zu gefallen. Durch ihr Ja hoffen, sie „Everybody´s Darling zu sein“, so Frau Strobel.

Man sagt dem Vorgesetzten ja zu einem neuen Auftrag, wohlwissend dass es ohne Überstunden nicht zu schaffen ist, nur um bloß kein Contra zu geben.

Dadurch entsteht ein bestimmtes Rollenspiel: der Vorgesetzte wird durch Ja-Sagen der Mitarbeiter im Glauben gestärkt, er könne Aufträge nach Belieben und ohne Widerstand verteilen. Die Diskussion, ob die Aufgabe sinnvoll ist oder nicht, wird unterschlagen.

Der Mitarbeiter vermittelt durch das schnelle Ja den Eindruck, unausgelastet zu sein. Wodurch der Vorgesetzte in seiner Meinung gestärkt wird, dass es gut war, für Auslastung zu sorgen.

„Verhaltensweisen zu ändern, die sich im Laufe der Jahrzehnte eingeschliffen haben, gehört zum Schwersten, was sich der Mensch vornehmen kann“ (Strobel, Focus).

Wie sähe es aus, würde der Mitarbeiter doch signalisieren, dass er gern den Auftrag erledigen würde, hierfür müsste er jedoch andere Tätigkeiten aufschieben und ob der Vorgesetzte damit einverstanden wäre. So sieht ein proaktives Nein!

„Die Kunst des intelligenten Nein liegt darin, inhaltlich fest, aber in der Haltung verbindlich zu wirken“, so Frau Strobel.

Nur wer Nein zu sagen weiß, kommt voran! Warum? Weil er/sie nur so priorisieren kann. Priorisieren bedeutet, vielen Aufgaben –eigene oder fremde- Nein zu sagen – wenigstens für den Augenblick. Einer Führungskraft werden mehr Aufgaben herangetragen als sie erledigen kann. Nur wer geschickt Nein sagt, kann als Führungskraft bestehen. Gleiches gilt aber schon heute für Projektmitarbeiter.

„Chronisches Jasagen wider besseres Wissen gilt als einer der stärksten Risikofaktoren für Burnout“, so Frau Strobel.

Anders formuliert: „Nein sagen zu können ist beruflich wie privat eine der wichtigsten Voraussetzungen für ein gelingendes Leben“ so der Psychologe Jürg Frick (Focus 41/2012 S. 96).

Die Karriereberaterin Jutta Boenig formuliert es ähnlich „Chefs haben nur Respekt vor selbstbewussten Mitarbeitern“ (Focus 41/2012 S. 96).

Wer proaktiv Nein sagt, sendet mehrere Signale: Der Wille den Auftrag erledigen zu wollen und den zeitlichen Aufwand richtig einzuschätzen.

Wer schnell (und unüberlegt) ein Ja in den Raum lanciert, zeigt zuweilen, den Umfang der Aufgabe nicht überblicken zu können. Wer will so einem Mitarbeiter einen wichtigen Auftrag übertragen?

Nichtsdestotrotz Neinsager sind Minderheit!

Gern bediene ich mich der Formulierung: „Nur Neinsager, sind Ja-Tuer. Ja-Sager sind zumeist Nein-Tuer“.

Geben Sie uns Ihre Meinung dazu!

Dr. Karl de Molina
ThinkSimple
www.ThinkSimple.de

 

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