„Wie viel Frau Metzner steckt in mir?”, ThinkSimple, 1/2011

Neulich habe ich eine interessante Erfahrung gemacht: Es war ein Gespräch mit Frau Metzner (Name von der Redaktion geändert). Ich möchte Ihnen etwas mehr von diesem Gespräch erzählen, weil es für mich exemplarisch für unseren Alltag ist.

Frau Metzner war unsere Ersatzempfangsdame in einem Business Center in Nähe von München. Eines Tages –nachdem wir zu einem anderen Standort umgezogen waren- bin ich zu ihr gegangen, um die Post abzuholen. Zu meiner Überraschung teilte sie mir mit, es gebe keine Post. Ich war deswegen überrascht, weil wir täglich mehrere Briefe erhalten und wir hatten seit ca. 3 Tagen keine Post mehr abgeholt.

Auf ihre Aussage hin –wir haben keine Post- habe ich laut überlegt, wie es sein könnte. Ich suchte einfach den Grund und diesen Gedankengang habe ich sozusagen mit Frau Metzner durchgehen wollen. Vielleicht finden wir gemeinsam die Lösung, habe ich mir gedacht. Mehr wolle ich nicht. Erstrecht nicht, ihr einen Vorwurf machen, weil sie ja dafür nichts konnte.

Nichts ahnend bin ich weggefahren.

Einige Tage später kam ich wieder zu meinem alten Büro und habe Frau Metzner getroffen. Ich habe ihr die Lösung des Rätsels erklärt. Jemand hatte Zugang zum Postfach und hatte mir die Post zum neuen Büro gebracht. Ich war froh darüber, dass das Thema aufklärt war und ich wollte ihr von meiner Freude teilhaben lassen. Ich dachte, Frau Metzner würde sich über meine Nachricht freuen.

Nein. Dem war nicht so. Frau Metzner eröffnete mir, ich sei neulich ihr gegenüber ungerecht gewesen. Ich hätte ihr Vorwürfe gemacht. Ich hätte sie bezichtigt, die Post nicht ordentlich sortiert zu haben. Eigentlich nichts ferner von mir, das zu denken. Frau Metzner wollte es aber nicht dabei bewenden lassen. Meine Erklärungsversuche, die Sachlage zu schildern, wurden abgeschmettert. Auch derjenige, der die Post vom Fach weggenommen hatte – ihr Chef nämlich- wurde von ihr kritisiert.

Ich habe mich gefragt, wie kann man aus einer Bagatelle, so eine Angriffsfeuerwerk entwickeln? Gegen mich, weil ich ihr Vorwürfe gemacht hätte, gegen den Chef, weil er ohne mich oder sie zu informieren, die Post mitgenommen hätte. Und die Liste ging noch weiter.

Ich schildere diese absolute Bagatelle, weil ich mir denke, dass in uns allen „ein Bisschen von Frau Metzner steckt“. Wir neigen aus dem Nichts ein großes Ding zu machen. Insbesondere dann, wenn es um Negatives geht.

Geben Sie uns Ihre Meinung dazu!

Dr. Karl de Molina
ThinkSimple

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