Seit Beginn des Jahrzehnts haben sich drei Begriffe in unseren Alltag verfestigt: Post-Corona, ChatGPT und Generation Z, bekannt auch unter GenZ.
Das Buch „Verzogen, verweichlicht und verletzt“ von Susanne Nickel ist Gegenstand der heutigen Rezension. Die Autorin ist Mitglied der GenX und hat mit Boomer und GenY zusammengearbeitet. Die GenZ hat sie in den letzten Jahren näher kennengelernt. Dadurch verfügt sie über einen Adlerblick von vier Generationen, was ihr einen sehr treffenden Vergleich untereinander ermöglicht.
Die Autorin analysiert -aus meiner Sicht- sehr präziser und frei von Emotionen oder Vorurteilen das charakteristische Verhalten der GenZ. Dazu stützt sie sich auf eigene Erfahrung sowie auf Interviews mit Angestellten in den Unternehmen, die ihre ersten Erfahrungen mit der GenZ bereits gesammelt haben. Die vorgelegte Analyse klingt mir vertraut, und zwar aufgrund meiner Tätigkeit in der Personaldiagnostik, und in der Geschäftsführung eines Start-ups mit jungen Mitarbeitern.
Notwendige Skills für die Arbeit fehlen
Susanne Nickel benutzt Adjektive wie unverbindlich, undiszipliniert, verzogen, um die GenZ zu beschreiben. Dazu kommen weitere Aspekte wie „keine Kompromisse“ eingehen wollen, fehlende Resilienz. Allesamt notwendige Eigenschaften und Skills für die moderne Arbeit.
Frau Nickel ist der Ansicht, dass die GenZ im Wesentlichen von der Erziehung durch die Eltern sowie vom Wohlstand geprägt worden sind. Der Überfluss an Optionen, der fehlende „Mangel“ hat sie maßgeblich beeinflusst.
Lösungsvorschläge
Das Buch bleibt nicht bei der Problemdarstellung stehen. Es präsentiert Lösungen. Die Unternehmen sollen sich auf die GenZ einstellen, ohne dadurch das Geschäftsmodell zu gefährden. Sich darauf einstellen, heißt: Ihre Bedürfnisse ernst nehmen. Und zugleich Maßnahmen der Personalentwicklung anbieten, Grenzen setzen, Regeln definieren. Und das bekannte Fördern/Fordern.
Lassen wir Frau Nickel zu Wort kommen: „Der Arbeitgebermarkt hat sich zu einem Bewerbermarkt gewandelt, was mit dem Fachkräftemangel zu tun hat., aber nicht nur. Junge und jüngere Leute haben eine Anspruchshaltung, die sie ohne Umschweife zum Ausdruck bringen. Die Wohlstandskinder der GenZ fühlen sich zu Höherem berufen“.
Aus meiner Sicht subsumiert dieser Satz das Buch und die GenZ.
Unseren Kunden, Freunden und Bekannten wünscht das Team ThinkSimple.io schöne Ostertage und einen guten Start in den Frühling.
Zusammen mit Kunden entwickeln wir zurzeit ein Tool für Lerndiagnostik, das eine großartige Hilfe sein wird für die Lernenden sowie für die PE-Verantwortlichen.
In den nächsten Tagen werden Sie das Weihnachtsfest im Kreise Ihrer Familie und Ihrer Bekannten feiern.
Die Anzahl der Krisen in der Welt nimmt zu. Grund genug, um sich auf unsere inneren Werte zu besinnen. Dafür ist Weihnachten eine passende Gelegenheit. Deswegen wünschen wir Ihnen / euch besinnliche Tage in der Geborgenheit der Familie und einen guten Start ins Jahr 2024.
Seit Sonntag überschlagen sich die Kommentare über die zurückgetretene Bundministerin Anne Spiegel. Journalisten, Politiker, Fach- und Führungskräfte haben ihr Votum auf Basis ihrer Erfahrungen und Ideologien verfasst. Aus meiner Sicht waren viele zutreffend, andere sehr einseitig.
Hier möchte ich Frau Anne Spiegel arbeitspsychologisch analysieren. Einschränkend muss ich vorschicken, dass die vorliegenden Daten nur eine schnelle Betrachtung zulassen. Die Ergebnisse vermitteln ein Bild, das mit den ergänzenden Informationen von Beobachtern zu korrelieren scheint. Ich möchte diese Analyse als eine Hypothese hinstellen. Kein Votum, kein Gutachten. Eine Plausibilisierung und Validierung sind von Nöten.
Die arbeitspsychologische Analyse basiert auf der Auswertung von Videos von Frau Spiegel mittels künstlicher Intelligenz (KI). Dieses KI-Tool haben im Rahmen von diversen Projekten plausibilisiert (de Molina, 2021).
Im Rahmen von Projekten konnten wir mit der KI drei Arten von Persönlichkeitsprofilen herausarbeiten: High-Performer, Middle-Performer und Low-Performer.
Profile von High-Performern haben praktisch alle DAX-Vorstände, Unicorn-Gründer und erfolgreiche Professionals unabhängig von den Hierarchieebenen.
Als Bundesministerin hatte Frau Spiegel eine Führungsfunktion inne und war zuständig für fast 1.000 Mitarbeitenden. Um in dieser Aufgabe erfolgreich zu sein, wäre es sinnvoll bis notwendig, dass Frau Spiegel über ein Profil als High-Performer verfügt.
Im Bild 1 haben wir einen Vergleich zwischen dem Big5-Profil von Frau Spiegel und dem von DAX-Vorständen dargestellt. Die Unterschiede sind sehr ausgeprägt. Frau Spiegel hat das Profil eines Low-Performers. Das könnte eine erste Erklärung dafür liefern, warum sie überfordert war.
Wir wollen diese Big5-Analyse nicht überbewerten und suchen nach weiteren Hinweisen. Wir werten weitere Attribute aus und sehen, welche weiteren Erkenntnisse wir dabei gewinnen.
Im Bild 2 haben wir eine Kompetenz- und Präferenzanalyse auf KI-Basis dargestellt. Manche Attribute sind sehr prägnant. Gehen wir der Reihe nach.
Frau Spiegel wünscht sich „stabile Arbeitsprozesse“, d.h. eher Routinetätigkeit, keine große Arbeitsvielfalt. Das ist mit einer Führungsfunktion nicht kompatibel. Auch ihr Detailfixierung ist für eine Führungsfunktion nicht geeignet. Dazu kommen mangelnde Autonomie, wenig Teamorientierung und schwachen Umgang mit anderen. Diese Attribute zeichnen ein Bild einer Mitarbeiterin aus der unteren Ebenen, nicht das Bild einer Führungskraft.
Und dann fragt man sich: Ehemann krank, vier Kinder zu Hause und 4 Jobs draußen. Wie lässt sich das erklären? Doch: Ihre Wettbewerbsorientierung, d.h. sie ist sehr ehrgeizig. In sich gut. Nur zu viel, ist zu viel.
Im Klartext: Wie es scheint, verfügt Frau Spiegel nicht über die nötigen Eigenschaften und Kompetenzen, um als Führungskraft in gehobenen Positionen zu bestehen.
Ich wiederhole: Das ist eine erste Analyse. Eine Plausibilisierung mittels weiterer Daten ist von Nöten.
In der Industrie sind wir bestrebt „die Richtigen am richtigen Platz“ einzusetzen. Dafür verwenden wir zahlreiche diagnostische Instrumente. Auch unser Unternehmen hat HR-Tools dafür entwickelt und diese werden von unseren Kunden eingesetzt.
Unsere Politiker wären gut beraten, auch solche Instrumente bei der Personalauswahl zu verwenden. Damit würden sie Menschen wie Anna Spiegel nicht überfordern und letztlich innerlich zerstören. Das war unmenschlich!
Schuld an der falschen Besetzung tragen nicht allein die Kandidaten, sondern auch die Parteien.
Politiker sollten von den Unternehmen lernen und Personalentscheidungen kompetenzbasiert treffen.
Wir wünschen Frau Anne Spiegel einen guten Restart ins Berufsleben. Wo auch immer, aber kompetenzbasiert mit einem guten Job-Fit.
Literatur
de Molina, K.-M. (2021) KI-Einsatz in Videointerview: Was geht, was geht nicht?
Für unseren nächsten 18. “Peer Talk Future Skills” am Dienstag, dem 17. Oktober 2023, von 16:00 bis 17:00 Uhr, haben wir ein spannendes Thema: Lernkultur für Best Ager
Unsere „Peer Talks Future Skills“ finden jeden dritten Dienstag im Monat statt.
Die Teilnahme an unseren Talks ist selbstverständlich kostenfrei.
Seit über einem Jahr treffen wir uns regelmäßig virtuell als Community der „Peer Talk Future Skills“.
Im Juli 2022 hatten wir sogar ein beeindruckendes Meetup mit großartigen Gästen in München. Seitdem haben wir bereits 17 spannende Peer Talks veranstaltet!
In unseren bisherigen Talks behandelten wir vielfältige Aspekte des Future Skills. Wir begannen mit der Analyse und dem Aufbau eines individuellen Kompetenzmodells und setzten uns anschließend intensiv mit der systemischen Analyse von Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmalen auseinander. Später widmeten wir uns der Lernmotivation und der Schaffung einer förderlichen Lernkultur. Zuletzt erarbeiteten wir gemeinsam ein Entwicklungskonzept für eine zukunftsfähige Future Skill Methodik.
Alle gewonnenen Erkenntnisse und Aspekte werden im Anschluss an die Talks dokumentiert und online veröffentlicht. So besteht auch im Nachhinein die Möglichkeit, sich mit den Ergebnissen zu beschäftigen und von ihnen zu profitieren.
Es gibt zahlreiche Gründe, warum Menschen gerne an unseren Talks teilnehmen. Der gemeinsame Wunsch, sich innerhalb unserer Community auf Augenhöhe auszutauschen und voneinander zu lernen, verbindet uns. Unsere Community setzt sich aus Talentmanagern, Personalentwickler, Recruiter, HR-verantwortlichen Führungskräften sowie Coaches & Mentoren zusammen, die sich mit der Weiterentwicklung und Entfaltung des Potenzials von Talenten in Unternehmen beschäftigen.
Die Themen unserer Talks werden immer durch die Interessen und Bedürfnisse der Teilnehmer bestimmt. Die durchschnittliche Teilnehmerzahl variiert zwischen 5 und 10 Personen pro Talk, außer bei unseren Meetups, sodass eine aktive Beteiligung jederzeit möglich ist.
Personalauswahl ist eine der schönsten und zugleich schwierigsten Aufgaben in einem Unternehmen. Schön, weil es sich um Menschen handelt. Schwierig aufgrund der Tragweite und weil Menschen zu bewerten, eine hohe Kunst der Psychologie ist: Objektivität, Fairness, Angemessenheit, Eignung usw.
Anhand der Werte aus der firmeneigenen Datenbank lassen sich die Ausprägungen von relevanten Attributen analysieren. Und hier im Vergleich von Führungskräften mit Experten. Diese Ausprägungen in den Kompetenzen, Eigenschaften, Emotionen und Sprachformulierungen können Hinweise für die Personalauswahl liefern. Sei es im Executive Search, Talentmanagement, Nachwuchsprogramme usw.
In späteren Studien sollen weitere Attribute wie Werte, Motive und Präferenzen ebenfalls datenbasiert analysiert werden.
Führungskräfte bilden die Säulen eines Unternehmens und beeinflussen maßgeblich dessen Geschicke. Daher legen Personaler*Innen (im Folgenden wird der Lesbarkeit wegen auf die Sterne verzichtet) den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit auf die Auswahl und Weiterentwicklung der Führungskräfte.
Für die Auswahl sowie Weiterentwicklung sind objektive Kriterien erforderlich. Hierfür sind Kompetenz- und Persönlichkeitsprofile neben Führungsstil eine gute Hilfe. In diesem Artikel werden wir einige Merkmale der Profile von Führungskräften aufzeigen und besprechen.
Die gezeigten Profile basieren auf firmeninternen Daten unserer Profildatenbank mit 3 verschiedenen Hierarchieebenen in den Unternehmen: C-Level, Führungskräfte und Experten. Führungskräfte umfassen undifferenziert Direktoren, Bereichsleiter, Hauptabteilung-, Abteilungs- und Teamleiter.
2. Einleitung
„Führen bedeutet Orientierung geben, eine Vision und ein Leitbild entwerfen“ so Katrin Adt (2020).
Beim Führen kann man sich verschiedener Stile bedienen: Partizipativ oder hierarchisch, durchsetzungsstark oder attraktiv, transformational oder transaktional. Gemeinsam haben alle eins: Sie zeigen ein spezifisches Verhalten. Und dieses Verhalten entsteht auf Basis bestimmter Kompetenzen, Werte und Eigenschaften. Und einige davon haben wir in unserer Datenbank analysiert und ausgewertet. Klar ist jedoch, dass Führungsstile z.B. durchsetzungsstark und attraktiv recht unterschiedliche Ausprägungen in den Kompetenzen und Eigenschaften erfordern. Die Werte aus unserer Datenbank sind nicht geclustert nach dem Führungsstil, sondern aggregiert durch alle Führungsstile hinweg.
Situativ betrachtet bedeutet, dass eine junge Führungskraft in einem Unternehmen mit NEW WORK- Kultur zu einem eher partizipativen, attraktiven und transformationalen Führungsstil neigen wird. Und hier daher sehen die Kompetenz- und Persönlichkeitsprofile anders aus als bei einem anders gelagerten Fall. In unserer Studie konnten wir Gründer von Unicorn – Unternehmen mit DAX – Vorständen vergleichen und hier im Persönlichkeitsprofil klare Unterschiede feststellen.
3. Komponenten eines Profils
Ein Profil ist die Abbildung der Ausprägung von bestimmten Attributen. Diese Attribute können Kompetenzen, Motive, Präferenzen, Werte, Persönlichkeit usw. betreffen.
Profile haben den unschlagbaren Vorteil der Offenlegung z.B. des Könnens eines Individuums in Bezug auf sich selbst (Veränderungen während eines Zeitraums), auf eine Organisation (Durchschnittswerte z.B. eines Unternehmens), auf eine Funktion oder Position usw. Damit dient ein Profil der Situationsbestimmung. Diese kann für einen Jobwechsel innerhalb oder außerhalb des Unternehmens von Nutzen sein. Relevant ist aber dann, wie sieht das konkrete Profil des Individuums und der Stelle (das sogenannte Job- oder Anforderungsprofil) aus?
4. Welche Attribute beinhaltet ein Profil?
Um ein menschliches Modell einigermaßen vollständig zu beschreiben, sind ca. 275 Attribute notwendig (Widuckel & de Molina 2021). In diesem Artikel betrachten wir nur einen Bruchteil davon: Einige Kompetenzen, Persönlichkeit, Emotionen und Sprache.
Das hier verwendete Kompetenzmodell wurde zusammen mit Prof. Dr. Joachim Thomas von der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt entwickelt und wird mittels Fragebögen in Selbsteinschätzung mit einer 6er Likert Skala. Die restlichen Attribute werden mittels eines zeitversetzten Videointerviews erfasst und über künstliche Intelligenz auswertet, siehe de Molina (2021). Hier handelt es sich um eine Fremdbewertung. Damit haben wir eine Kombination aus Selbst- und objektiver Fremdeinschätzung.
Das Kompetenzmodell besteht aus 4 Kompetenzklassen: Methodenkompetenzen, Soziale, Personale und Aktionale Kompetenzen. Und darunter 25 Kompetenzen fest den Klassen zugeordnet.
Das heutige Kulturmodell in ThinkSimple+ wurde mit Prof. Werner Widuckel von der FAU und es besteht aus 5 Dimensionen: Werte, Führung, Aufgaben, Anreize und Normen.
Fürs Persönlichkeitsmodell wurde das Big5 – Modell von McCrae, R. R., & Costa, P. T. (1987) verwendet. Die Attribute sind: Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und Neurotizismus.
Sind diese Eigenschaften tatsächlich so wichtig für die Prognose des beruflichen Erfolges?
„Judge (2002) zeigt, dass Persönlichkeitseigenschaften offenbar von großer Bedeutung für zwei Aspekte des Führungserfolgs: Wer überhaupt in Führungspositionen gelangt (Führungsemergenz) und wer die Leistung seiner Mitarbeitenden positiv beeinflusst (Führungseffektivität)“.
Emotionen sind Zustände ausgelöst durch einen Reiz. Für die Emotionen wurde das Modell von Paul Ekman (in Schmidt-Atzert, L. et al. 2014) und das Organon Modell von Karl Bühler (1999) für die Sprache (Kommunikation) verwendet.
Die betrachteten Emotionen umfassen: Furcht, Kummer, Missmut, Gelassenheit, Abweisung, Freude und Emotionale Stabilität.
Aus den 7 erfassten Emotionen ermitteln wir den Emotions-Index. Der Vorteile von diesem KPI liegt darin, dass es sich um einen aggregierten Wert handelt und damit stabiler und umfassender. Damit dient er der Ermittlung der Veränderungen im emotionalen Zustand.
In der Sprache wurden drei Attribute erfasst: Positive Formulierungen, Negative Formulierung und Einnehmende Sprache.
Aus den drei Werten lässt sich ein KPI namens Sprachen-Index ableiten.
Nach Peterson (2021) kann man an den verbalen Formulierungen den Führungsstil (durchsetzungsstark oder vielmehr attraktiv) erkennen. Im ersten Fall: Spricht länger, schneller, lauter, kaum Füllwörter, mehr Humor & Sarkasmus. Im zweiten Fall: Indirekte Wortwahl, inklusive Sprache, entspannte Aussprache, Fragen stellend.
Gerade für Positionen mit hohem Kommunikationspensum wie Vertrieb, Marketing und Führungskräfte ist ein hoher Sprachen-Index ein wichtiger Indikator für den Job-Fit.
Im 6. Kapitel werden wir anhand von gemessenen Werten Indikatoren für verschiedene Positionen liefern.
5. Messverfahren
Im Kapitel 6 präsentieren wir einige Ergebnisse von gemessenen Profilen. Diese entstammen ausschließlich von der anonymisierten Datenbank unseres Tools ThinkSimple+. Bei den Kompetenzprofilen haben wir N> 2.000, bei den Persönlichkeitsprofilen N> 100. Bei den letzteren handelt es sich aufgrund der geringen Anzahl von Profilen nur um Tendenzwerte, die der Bestätigung bedürfen. Der Vorteil bei den Persönlichkeitsprofilen liegt darin, dass dazu Videomaterial vorliegt. Dieses erlaubt eine ergänzende Bewertung durch den Betrachter.
Dieses Tool verwendet eine multimodale Messtechnik: Fragebögen und KI-basierte Analyse von zeitversetzten Interviews. Wir analysieren mit dem Tool 6 berufsrelevante Gruppen von Attributen (siehe Bild 1).
Bild 1: Personaldiagnostik mit systemischem Ansatz und multimodaler Technologie.
6. Gemeinsame Merkmale von Führungskräfte-Profilen
In den vorgehenden Kapiteln haben wir den Boden für die Ergebnisdaten vorbereitet: Vorstellung der Modelle, der Messverfahren, der Chancen und Grenzen.
In diesem Kapitel präsentieren wir die Ergebnisse und besprechen deren Impact auf die Nachfolgeplanung, auf das Auswahlverfahren von Führungsnachwuchskräften, auf den Executive Search usw.
Im Bild 5 haben wir die Werte aller vier Kompetenzklassen von CXO (Vorstand bzw. Geschäftsführung), Middle Management und Experten (Fachkräfte bzw. Sachbearbeiter) dargestellt. Hier finden Sie auch den Durchschnittswert aller Kompetenzen. Dieser Wert liegt bei CXO höher als bei Führungskräften und Experten. Diese Ergebnisse sind zugegeben auf der Basis von Selbsteinschätzungen entstanden. Die ermittelten Ergebnisse steht in Konkordanz mit früheren Ergebnissen von anderen Fragebögen und wird von unserer Projektarbeit mit Kunden bestätigt.
Im Bild 6 haben wir 8 von den 25 Kompetenzen aus dem Kompetenzmodell ausgewählt, wo es einen signifikanten Unterschied zwischen den drei Gruppen (CXO, FK und Experten) gibt.
Umfeld gestalten, Agilität, Interessen durchsetzen, Kommunikationsstärke, Situationen verstehen und Lösungsorientierung sind sicherlich Kompetenzen, wo Führungspersonen ihre Stärken haben müssen. Bei Innovationen und Empathie hätten wir es nicht erwartet. Diese erleichtern jedoch die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden, weil sich diese verstanden (Empathie) und bei der Implementierung neuer Technologien (Innovationen) von der Führung nicht ausgebremst werden.
Bild 6: Kompetenzvergleich bei ausgewählten Kompetenzen, wo CXO und Führungskräfte einen signifikanten Unterschied zu den Experten aufweisen.
Für die Betrachtung der Persönlichkeitsprofile haben wir andere Kohorten ausgewählt, die uns sehr interessant erscheinen: Gründer von Unicorn-Startups und DAX-Vorstände, und keine Führungskräfte aus dem Middle Management. Unicorn bezeichnet man junge Unternehmen mit einem Kapitalwert von über 1 Milliarde. Hier seien z.B. Delivery Hero, N26, Celonis aus Deutschland und LinkedIn, Airbnb, Uber aus den USA erwähnt.
Bild 7: Persönlichkeitsprofile von Unicorn-Gründern, DAX-Vorständen und Experten.
Die Profile bestätigen meine persönliche Vermutung: Gründer von sehr erfolgreichen Unternehmen haben ein sehr ausgeprägtes Profil: Sehr offen, zumeist sehr extrovertiert, sehr verträglich und zugleich mit geringem Neurotizismus. Leider liegen uns zu wenig Kompetenzprofile von Gründern vor, um hier eine ergänzende Betrachtung zum Persönlichkeitsprofil anzustellen: Risikobereitschaft, eigenen Fähigkeiten vertrauen, selbstbestimmt handeln usw.
Oben haben wir die Unterschiede in den Profilen von Gründern und Vorständen festgestellt. Beide weisen eine „Trapezform“ auf, siehe Bild 7. Im Wesentlichen haben Offenheit und Extraversion einen höheren Wert als Neurotizismus. Da diese Kohorten High Performer sind, erlauben wir uns dieses Profil so zu benennen, siehe Bild 8.
Bild 8: Charakteristisches Profil eines High Performers.
7. Anwendung für Executive Search und Talentmanagement
Bei der Personalauswahl will man sicherstellen, dass die „Richtigen am richtigen Platz“ sind. Das gilt dann besonderes bei der Auswahl von Führungskräften, da diese die „Säulen des Unternehmens“ bilden. Wie erkennt man, ob jemand die passende Führungskraft ist? Diese ist eine situative Entscheidung, d.h. kontextabhängig. Für einen Turnaround suchen Sie sicherlich jemand anders als für ein Change-Management. Nichtsdestotrotz brauchen Führungskräfte in beiden Fällen die gleichen Grund-Kompetenzen.
In diesem Artikel haben wir die Ausprägung von einigen Attributen vorgestellt, die unserer Meinung nach Orientierung bei der Auswahl von Führungskräften geben können. In späteren Artikeln wollen wir uns ergänzend mit Werten, Motiven und Präferenzen befassen.
Im Prozess der Personalauswahl haben sich mehrere Verfahren herausgestellt, siehe Langer (2018). Zu Beginn des Jahrhunderts führte Google als einer der ersten Unternehmen die Telefoninterviews noch vor den Präsenzterminen. Die Recruiting-Verfahren wurden bei allen Unternehmen im Laufe der Zeit verfeinert. Stracke (2015) hat das bewährte Konzept des Interviews genauer analysiert. Namhafte Diagnostiker wie Prof. Kersting (2019) und Kanning (2018) haben in Videos deren Konzepte erklärt.
Im Bild 14 haben wir eine kleine Auswahl von etablierten Verfahren bei der Personalauswahl dargestellt. Wir haben uns erlaubt an die Stelle der Online-Verfahren unser Produkt einzusetzen, weil es sich um ein systemisches und multimodales Verfahren handelt. Andere im Markt etablierte Produkte könnten ebenfalls hier Platz finden. Dieses Bild soll in den zwei Dimensionen Genauigkeit versus Schnelligkeit die Stärken und Schwächen üblicher Verfahren zeigen. Göhring (2021) gibt folgende Werte für die Genauigkeit (Trefferquote einer erfolgreichen Einstellung) an:
Interview mit geschultem Personal: 20%
Strukturiertes Interview: 40%
Multimodaler Online-Test: 70%
Assessment Center (1 bis 2 Tage): 80 bis 90%
Damit bestätigt Göhring unsere Aussage vom Bild 14 und zeigt das Potenzial von multimodalen Online-Tests. Diese können als Alternative zum aufwendigen Assessment Center angesehen werden.
Bild 14: Im Prozess der Personalauswahl können verschiedene Methoden der Diagnostik eingesetzt werden. Relevant dabei sind Genauigkeit, Schnelligkeit, Zeit- und Kostenaufwand, sowie Objektivität versus Subjektivität.
8. Ausblick
Für spätere Studien werden weitere Kompetenzen aus neuen Modellen wie z.B. Schirmer, U. (2020) hinzugezogen. Dazu kommen die Werte, Motive und Präferenzen.
Solange es Unternehmen gibt, wird es Personalauswahl geben und hier sollen Diagnostiker den HR-Verantwortlichen Methoden und Tools an die Hand geben, damit sie ihre Arbeit genau, objektiv, schnell und kostengünstig durchführen können.
9. Take Aways
Für die interne wie externe Auswahl von Führungskräften sind stellenbezogene Anforderungsprofile erforderlich, die dann von den Kandidaten gematcht werden müssen.
Eine unternehmensspezifische Datenbank mit charakteristischen Merkmalen von Führungskräften liefert die Basis für die Anforderungsprofile. Solange diese nicht vorliegen, lassen sich generische Profile von Tool-Anbietern verwenden. Diese Profile dürfen nicht für eine automatisierte Auswahl missbraucht werden. Wohl aber für eine Priorisierung und Information vor dem Interview.
Die Anforderungsprofile einer Führungskraft müssen folgende Attribute beinhalten:
Kompetenzen
Eigenschaften
Emotionen
Sprachformulierungen
Motive
Werte
Präferenzen
Das verwendete Verfahren der Personalauswahl soll die Subjektivität der Bewertung auf ein Minimum reduzieren. Hierfür helfen Ausbildung der Bewerter gemäß DIN 33430 und die Verwendung von objektiven Testverfahren.
Quellen
Adt, K. in VDI- Nachrichten 17.4.2020
Barrett, L. F. (2017) How Emotions are made: The Secret Life of the Brain
Bass, B. M. & Riggio, R. E. (2006) Transformational Leadership, Psychology Press
Bühler, K. (1999) Sprachtheorie. Darstellungsfunktion der Sprache, Stuttgart
Kanning, U.P. (2016) Über die Sichtung von Bewerbungsunterlagen in der Praxis der Personalauswahl, in: Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie A&O, 60, S. 18-32
Kearney, E. (2019) in Personalführung 4/2019 S. 17-21.
Keller, T. & Weibler, J. (2015). What it takes and costs to be an ambidextrous
manager: Linking leadership and cognitive strain to balancing exploration
and exploitation. Journal of Leadership & Organizational Studies,
Krumm, S.; Schmidt-Atzert, K. (2009), Leistungstests im Personalmanagement, Hogrefe
Langer, M. et al. (2018) Algorithmen bei der Personalauswahl – eine kritische und hoffnungsvolle Betrachtung, in: Wirtschaftspsychologie aktuell, 1, 36-4
McCrae, R. R., & Costa, P. T. (1987). Validierung des Fünf-Faktor-Persönlichkeitsmodells of über Instrumente und Beobachter hinweg. Journal of Personality and Social Psychology, 52(1), 81– 90