Arbeitsproduktivität

Zusammenfassung

Manche LXP-Tools begleiten den Lernenden KI-basiert. Aber keins davon analysiert im Vorfeld die Lernvoraussetzungen des Lernenden. Damit agiert das System reaktiv auf das Verhalten des Lernenden und berücksichtigt weder seine Motive noch sein Umfeld. Eine diagnostische und systemische Analyse vor Beginn des Lernvorhabens würde den Lernprozess effizienter und zielsicherer machen. In diesem Artikel präsentieren wir einen diagnostischen Ansatz, den ThinkSimple.io in einem Kundenprojekt realisiert hat.

Das sagen Studien über die heutigen Lernvoraussetzungen

Eine Studie der Universität St. Gallen (2021) zeigt, dass es in 62 % der Unternehmen kein strukturiertes Verfahren gab, um Vorkenntnisse, Lernhindernisse oder Motivation zu erheben. Auch der OECD- und Cedefop-Report (2020) schlägt in die gleiche Richtung: „Die individuelle Vordiagnose ist oft ein blinder Fleck betrieblicher Weiterbildungsstrategien.“

Die Unternehmen Lernhacks und Metaplan.com (2025) haben die Lernkultur in Unternehmen analysiert. Ihr Fazit: Die meisten Unternehmen befinden sich in einer mittleren Entwicklungsphase ihrer Lernkultur und somit ist das Lernumfeld für den Lernenden unzureichend.

Die Haufe Akademie stellt „mangelnde Passung der Lernformate“ in vielen Unternehmen fest.

Die Bertelsmann-Studie (2022) kommt zum Ergebnis: „Mitarbeitende lernen nur dann aktiv, wenn ihre Führungskräfte dies ermöglichen, vorleben und fördern – und nicht als Pflichtaufgabe delegieren.

Der LXP-Anbieter Haufe Akademie beschreibt einen weiteren Befund: „Mangelnde Passung der Lernformate“ in den meisten Unternehmen.

Uns ist nur eine ältere Studie von B.J. Zimmermann (2000) bekannt, die wesentliche Aspekte wie Motive, Motivation, Lernskills und Lernumfeld umfasst.

KI und deren Implikationen fürs Lernen

Mit dem Aufkommen von ChatGPT im Bereich der generativen KI sind viele Use Cases in Betracht gezogen worden, bei denen KI einen Nutzen bringen kann. Zugleich hat die Eroberung des beruflichen Alltags durch die KI einen ungeheuren Lernbedarf mit sich gebracht. Damit hat KI zwei Effekte generiert: Lernbedarf und Lernhilfe zugleich.

KI ist jedoch nicht das Allheilmittel. Sie bringt einige Risiken und Herausforderungen mit sich.

Aufgrund der Dynamik in der AI-Entwicklung entsteht ein stetiger Lernbedarf. Die KI-Tools bzw. die KI-Agenten, die noch gestern die ultimative Lösung darstellten, gehören nach wenigen Monaten bereits zum „alten Eisen“. Der User muss eine Lernstrategie entwickeln, um sein Wissen zu aktualisieren. Kann hier KI helfen?

Künstliche Intelligenz kann im Lernen in vier zentralen Rollen auftreten:

  1. Lernbegleiter (Chatbot)
  2. Diagnostik-Tool (Skills-Analyse und Lerndiagnostik)
  3. Adaptives Lernsystem (personalisierte Lernpfade)
  4. Content erzeugen (Texte, Übungen, Erklärungen, Prüfungsfragen)

Folgende Chancen und Potenziale von KI fürs Lernen lassen sich identifizieren: Individualisierung der Lernpfade und des Contents, zeitliche Flexibilität, schnelles Feedback und ständige Diagnostik.

KI ist jedoch nicht das Allheilmittel. Sie bringt einige Risiken und Herausforderungen mit sich:

Kognitive Passivität: Lernende können sich zu stark auf KI verlassen und selbst weniger reflektieren.

Fehlende metakognitive Förderung: KI liefert die passenden Antworten, regt aber wenig zur Selbstreflexion an.

KI fördert die Denkfaulheit: Der Lernende muss sich weniger anstrengen, weil ihm alles bereitgestellt wird.

Pädagogische Einbettung: KI entfaltet nur ihr Potenzial, wenn sie pädagogisch in den Lernprozess integriert wird.

KI als Lernbegleiter

Was sollte ein KI-basierter Lernbegleiter können? Ein Lernbegleiter ist mehr als ein Info-Lieferant: Er hilft beim Verstehen, Strukturieren, Reflektieren, Wiederholen und Weiterentwickeln des Wissens. Wenn KI diese Rolle übernimmt, spricht man von:

Dialogischer, adaptiver, interaktiver Lernunterstützung durch künstliche Intelligenz.

Heutige Systeme können mangels Startinformation aus der Diagnostik a priori keine korrekten Ratschläge erteilen.

Manche Tool-Anbieter wie Area9 Lyceum haben hierfür Lösungen entwickelt. Auch Squirrel AI und Duolingo bieten solche KI-basierte Lernbegleiter an. Was allen jedoch fehlt, ist eine systemische Lerndiagnostik, die Motive, Lernskills und Umfeld erfasst. Nur so lassen sich individualisierte Ratschläge erteilen, wo das Individuum allumfassend betrachtet wird.

Die heutigen Lösungen sind reaktiv, d. h., sie orientieren sich am Lernverhalten der User. Mangels Startinformation aus der Diagnostik können sie a priori nicht die korrekten Ratschläge erteilen. Aus dem Verhalten kann das System nicht erkennen, ob das Problem zum Beispiel an der Lernkultur, am Verhalten der Führungskraft, an fehlender Lerncommunity usw. liegt.

Neuer Ansatz – die Lerndiagnostik

In diesem Artikel haben wir uns bislang mit den Mängeln an heutigen Systemen und Lernprozessen befasst. Welcher Lösungsansatz könnte hier helfen? Mehrfach haben wir auf die häufig fehlende Lerndiagnostik hingewiesen. Damit befassen wir uns in diesem Abschnitt. Unter Lerndiagnostik verstehen wir eine mehrdimensionale Analyse der Lernvoraussetzungen eines Individuums oder einer Organisationen.

Das Konzept für systemische Lerndiagnostik lässt sich in Anlehnung an die Personaldiagnostik aufbauen.

Im KI-Zeitalter stellt sich die Frage: Wie sollte ein Tool für Lerndiagnostik konzipiert werden, als Expertensystem oder KI-basiert? Nach Rücksprache mit Kunden haben wir uns für eine hybride Lösung entschieden. Die Erfassung wird expertenbasiert auf Basis eines multimodalen Fragebogens durchgeführt. Die Erklärung der Ergebnisse erfolgt dann mittels eines Chatbots und auch über Texte. Diese Kombination verwendet das Beste beider Welten.

Das Konzept für systemische Lerndiagnostik lässt sich in Anlehnung an die Personaldiagnostik aufbauen. Systemisch bedeutet hier die Analyse und Bewertung von drei Dimensionen wie Lernmotiven, Lernskills und Lernumfeld. Daraus wird ein KPI errechnet, den wir Lernprofil nennen (siehe Bild 1).

Bild 1: Die drei Dimensionen der Lerndiagnostik: Motive, Skills und Umfeld. Daraus lassen sich das Lernprofil des Lernenden und das Lernprofil der Organisation errechnen.

Viele Abbrüche im Lernprozess sind fehlender Klarheit der Motive fürs Lernen und mangelnder Motivation für die Aufrechterhaltung des Lernprozesses geschuldet. Aber auch das Lernumfeld wie Lernkultur, Unterstützung durch die Führungskraft, Lerncontent, Lerncommunity usw. kann den Lernprozess negativ beeinflussen. Diese Information steht aber selten der HR-Abteilung zur Verfügung. Daher sollte sie Insights darüber gewinnen, wie es mit der Organisation bestellt ist.

Um dieser Problematik zu begegnen, haben wir diesen neuen Ansatz konzipiert, dessen Kern das lerndiagnostische Modell bildet. Passend dazu gehören eine einfache Benutzeroberfläche und eine kurze User-Journey.

Dieser neue Ansatz richtet sein Augenmerk auf das Workplace-Learning, wo der Lernende selbstorganisiert den Lernprozess gestaltet.

Nicht nur der einzelne Lernende profitiert von diesem Ansatz, sondern auch die Organisation. Aggregiert, und damit unter Wahrung der Privatsphäre, erhält HR die Ergebnisse der Organisation. Das Tool generiert damit einen doppelten Nutzen: für den Lernenden und für die Organisation. Die dritte Dimension der Lerndiagnostik, das Umfeld, liefert für HR wichtige Insights über die Lern- und Unternehmenskultur, über die Ressourcen, über das Verhalten der Führungskräfte gegenüber den Lernenden, über die Lern-Communities usw.

Das lerndiagnostische Modell

Ein Modell ist immer ein Kompromiss zwischen Genauigkeit in den Ergebnissen und Kürze in der Erfassung. Bei der Entwicklung des Modells haben wir uns in Abstimmung mit dem Kunden für 35 Attribute entschieden. Diese sind in zehn Grundmerkmalen gruppiert. Im Bild 2 ist die Hauptstruktur des lerndiagnostischen Modells abgebildet, mit den zehn Grundmerkmalen, mit den drei Dimensionen und mit dem Haupt-KPI Lernprofil. Die 35 Attribute werden hier aufgrund der Verschwiegenheitsklausel nicht gelistet.

Bild 2: Das lerndiagnostische Modell beinhaltet mehrere Layer. Abgebildet sind hier die oberen drei Layer und die zehn Grundmerkmale. Ihnen zugeordnet kommen die 35 Attribute. Diese bilden die Grundlage für die Erfassung im Fragebogen.

User-Journey

Für die Datenerfassung verwenden wir einen multimodalen Fragebogen. Damit soll eine eintönige User-Journey vermieden und die Zahl der Abbrüche reduziert werden. Ferner werden nach jedem der drei Befragungsschritte die jeweiligen Ergebnisse gezeigt. Damit erhält der User nach nur fünf Minuten bereits die Ergebnisse einer der Dimensionen: Motive, Skills und Umfeld. Dies wiederholt sich dreimal. Am Ende erhält der User das Lernprofil mit dem KPI und den Hinweisen (siehe Bild 3).

Die Ergebnisse sind so gestaltet, dass sie einen schnellen Überblick ermöglichen.

Bild 3: Mit dem Lernprofil erhält der User einen KPI, der ihm aufzeigt, wie es mit den Lernvoraussetzungen bestellt ist. Entsprechend werden die Hinweise abgefasst. Damit das Lernvorhaben effizient abläuft, empfehlen wir einen Score von mindestens 60 %, .

Bild 4: Aus aggregierten Ergebnissen der Lernenden lässt sich das Lernprofil der Organisation ermitteln. Damit erhält die HR-Abteilung Insights über die Lernvoraussetzungen bei den geplanten Lernvorhaben in der Organisation.

Für die Hinweise wird ein vorwärtsgerichtetes Wording verwendet. Gemeinsam mit einer eingängigen Präsentation der Ergebnisse soll beim User einen positiven Eindruck hinterlassen und zu einer späteren Wiederholung des Tests animieren.

Die Ergebnisse sind so gestaltet, dass sie einen schnellen Überblick ermöglichen. Bei Bedarf kann sich der User über alle einzelnen Werte informieren lassen (siehe Bild 5 und Bild 6).

Bild 5: Das Lernprofil errechnet sich aus den drei Dimensionen Motive-Fit, Skills-Fit und Umfeld-Fit. In dem betrachteten Fall im Bild sind die Werte vom Motive- und Umfeld-Fit so schlecht, dass von einem Starten des Lernvorhabens unter diesen Voraussetzungen abgeraten wird. Damit wird vermieden, dass der Lernende aus Enttäuschung den Lernprozess abbricht.  

Bild 6: Ergebnisse vom Skills-Fit mit den zugehörigen Grundmerkmalen. Der Lernende verfügt über einen hervorragenden Score für die Durchführung des Lernvorhabens.

Erklärung der Ergebnisse durch den Chatbot

Nach der Zeitinvestition für die Beantwortung des Fragebogens erwartet der User nicht nur trockene Ergebnisse, sondern eine hilfreiche und empfindsame Erklärung der Ergebnisse sowie aufbauende Hinweise für eine Verbesserung der Lernvoraussetzungen.

Der Chatbot begleitet den User entlang der User-Journey.

Um den Erwartungen des Users gerecht zu werden, stellt das Tool neben Hinweisen in Textform auch den Chatbot Pia zur Verfügung. Dieser kann auf die individuellen Fragen des Users eingehen und somit tiefergehende Erklärungen liefern.

Der Chatbot begleitet den User entlang der User-Journey. Auch vor Beginn des Tests kann der Chatbot Pia Fragen zum Tool, zur Lerndiagnostik und zum Einsatzgebiet des Tools beantworten. Dies macht das Tool für den User attraktiver und ermöglicht einen effizienten Einsatz. Dadurch können die Einführungs- und Begleittexte auf ein Minimum reduziert werden. Will der User mehr wissen, kann er den Chatbot Pia fragen.  

Bild 7: Der User kann dem Chatbot Pia Fragen über Lerndiagnostik, über das Tool und über die Ergebnisse im Tool stellen.  

Quellen

Studie Universität St. Gallen (2021) Lerndiagnostik in Transformationsprozessen

Lernhacks und Metaplan.com (2025) Lernkultur-Metaanalyse

Bertelsmann Stiftung (2022) Lernlust oder Lernfrust? – Betriebliche Weiterbildung aus Sicht der Beschäftigten

Zimmerman, B. J. (2000) Attaining self-regulation: A social cognitive perspective.

Der Autor

Dr. Karl-Maria de Molina ist CEO und Co-Founder von ThinkSimple.io. Er hat mit Professoren ein Kompetenz- und Motivationsmodell entwickelt. Hat über 10 Jahre Vorlesungen über Kompetenzen an mehreren deutschen Universitäten gehalten. Viele Jahre hat er Seminare über Kompetenzentwicklung für Führungskräfte geleitet. Er ist Herausgeber von Büchern über Unternehmenskultur und über Future Skills und Autor eines Buches über Komplexitätsreduktion. Er ist Mitentwickler des Tools ThinkSimple+ für Kompetenz- und Motivationsanalysen sowie eines Tools für Lerndiagnostik.  

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Seit Beginn des Jahrzehnts haben sich drei Begriffe in unseren Alltag verfestigt: Post-Corona, ChatGPT und Generation Z, bekannt auch unter GenZ.

Das Buch „Verzogen, verweichlicht und verletzt“ von Susanne Nickel ist Gegenstand der heutigen Rezension. Die Autorin ist Mitglied der GenX und hat mit Boomer und GenY zusammengearbeitet. Die GenZ hat sie in den letzten Jahren näher kennengelernt. Dadurch verfügt sie über einen Adlerblick von vier Generationen, was ihr einen sehr treffenden Vergleich untereinander ermöglicht.

Die Autorin analysiert -aus meiner Sicht- sehr präziser und frei von Emotionen oder Vorurteilen das charakteristische Verhalten der GenZ. Dazu stützt sie sich auf eigene Erfahrung sowie auf Interviews mit Angestellten in den Unternehmen, die ihre ersten Erfahrungen mit der GenZ bereits gesammelt haben. Die vorgelegte Analyse klingt mir vertraut, und zwar aufgrund meiner Tätigkeit in der Personaldiagnostik, und in der Geschäftsführung eines Start-ups mit jungen Mitarbeitern.

Notwendige Skills für die Arbeit fehlen

Susanne Nickel benutzt Adjektive wie unverbindlich, undiszipliniert, verzogen, um die GenZ zu beschreiben. Dazu kommen weitere Aspekte wie „keine Kompromisse“ eingehen wollen, fehlende Resilienz. Allesamt notwendige Eigenschaften und Skills für die moderne Arbeit.

Frau Nickel ist der Ansicht, dass die GenZ im Wesentlichen von der Erziehung durch die Eltern sowie vom Wohlstand geprägt worden sind. Der Überfluss an Optionen, der fehlende „Mangel“ hat sie maßgeblich beeinflusst.

Lösungsvorschläge

Das Buch bleibt nicht bei der Problemdarstellung stehen. Es präsentiert Lösungen. Die Unternehmen sollen sich auf die GenZ einstellen, ohne dadurch das Geschäftsmodell zu gefährden. Sich darauf einstellen, heißt: Ihre Bedürfnisse ernst nehmen. Und zugleich Maßnahmen der Personalentwicklung anbieten, Grenzen setzen, Regeln definieren. Und das bekannte Fördern/Fordern.

Lassen wir Frau Nickel zu Wort kommen: „Der Arbeitgebermarkt hat sich zu einem Bewerbermarkt gewandelt, was mit dem Fachkräftemangel zu tun hat., aber nicht nur. Junge und jüngere Leute haben eine Anspruchshaltung, die sie ohne Umschweife zum Ausdruck bringen. Die Wohlstandskinder der GenZ fühlen sich zu Höherem berufen“.

Aus meiner Sicht subsumiert dieser Satz das Buch und die GenZ.

Ein Artikel von Susanne Nickel über die GenZ erscheint im Buch „die Renaissance der Familie

Das Profil von Susanne Nickel ist auf der Seite von Family Valued zu finden.

#GenZ #Susanne Nickel #Personaldiagnostik #Personalentwicklung #ThinkSimple

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Vor einigen Jahren wurde das Blended-Learning als große Errungenschaft gepriesen. Es schien, als würden wir damit die Zahl der Abbrüche im Lernprozess auf null führen. Die Erfahrung zeigt, dass es so nicht ist. Die LMS-Plattformen wurden in den letzten Jahren in Richtung LXP flexibilisiert und individualisiert. Daran knüpften die HR-Abteilungen wieder eine große Hoffnung, dass damit die Lernmotivation der Lernenden hochgehalten werden könnte. Und wieder große Enttäuschung. Nach anfänglicher Begeisterung über die neuen digitalen Medien machte sich unten den Lernenden Langeweile breit. Eine neue Lösung musste er, aber welche?

Hier präsentieren wir mit einem Lerndiagnostik-Tool (LDT) einen möglichen Lösungsansatz.

Das Konzept des LDT entstammt im Wesentlichen aus zwei Wissensquellen: Zum einen aus der Expertise in Personaldiagnostik bei ThinkSimple.io und zum anderen aus den zahlreichen Talks mit Experten aus dem Umfeld der Personalentwicklung.

In diesen Talks wurden die wesentlichen Faktoren der Lernmotivation erörtert und zusammengetragen. Schnell wurde klar, dass die Motive und Relevanz fürs Lernen sowie die Lernkultur im Unternehmen die Lernmotivation und damit die Lerneffizienz maßgeblich beeinflussen.

Der Sinn und Zweck des LDT liegt darin, das Lernprofil der Mitarbeiter zu erfassen, um so den Lernprozess mitsamt Content, Trigger, Community, Workplace Learning, usw. so zu individualisieren und flexibilisieren, dass der Pegel der Lernmotivation über die Lernzeit hochgehalten wird.  

Der Kern des Lerndiagnostik-Tools ist ein multidimensionales Lerndiagnostik-Modell. Dieses erfasst nicht nur den Lernenden, sondern auch seinen Kontext.

Und beim Lernenden werden nicht nur die Lernkompetenzen wie die Selbstorganisation, sondern u.a. Motive und Persönlichkeitsprofil.

Viele Faktoren beeinflussen die Lernmotivation: relevantes Storytelling, Relevanz, in Gruppen lernen, kurzweilige Nuggets, Neugier. Anhand des Lerndiagnostik-Modells (LDM) lassen die Trigger und Feedbacks für den Lernenden individualisieren. Diese Individualisierung geht in Richtung: Inhalt und Länge der Feedbacks, Tests, Lernniveau, aber auch die passende Wortwahl.

Das LDT setzt in zwei definierten Phasen ein: Analyse vor dem Start und Tracking während des Lernens. Bei der Analyse wird das anfängliche Lernprofil ermittelt, und daraus die ersten Hinweise für die Ausgestaltung des Lernprozesses berechnet und dem Lernenden übermittelt.

Durch das Tracking wird das Lernverhalten beobachtet, das Lernprofil präzisiert und begleitende Hinweise zu passenden Zeitpunkten geliefert. Der Einsatz eines Chatbots, wie z.B. der Lernbot Pia, wird empfohlen. Damit soll eine flexible und einfache Lernbegleitung gewährleistet werden.

Das LDT interagiert mit dem LXP. Sollte die HR-Abteilung über keine LXP verfügen, lässt sich das LDT auch als Standalone-Lösung einsetzen. Dann ist jedoch nur die Analyse möglich.

Im Rahmen eines Projektes mit der Swiss Connect Academy AG wird die Wirksamkeit des Lerndiagnostik-Tools in den nächsten Monaten unter Beweis gestellt.

Über eine API lässt sich das Lerndiagnostik-Tool an jedwede LXP anschließend. Bei der LXP muss lediglich das Front-End entsprechend erweitert werden.

In der Anfangsphase arbeitet das LDT in der ersten Stufe der KI, d.h. die Algorithmen arbeiten Experten basiert. Sobald die nötige Anzahl von Daten vorliegt, wird die KI auf ML erweitert.

Wir behalten immer im Kopf, dass das LDT für den User da ist und nicht umgekehrt!

Für Fragen wenden Sie sich bitte an ThinkSimple.io

#Personaldiagnostik #Lerndiagnostik #Lernprozess #Individualisierung #selbstorganisiert #Personalentwicklung #Entwicklungsprozess

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Führungseigenschaften von Politikern

Politiker*Innen in demokratischen Ländern werden von den Bürger*Innen und von den Medien ständig unter die Lupe genommen und ernten teilweise vernichtende Bewertungen.

Dies haben wir zum Anlass genommen, um eine beispielhafte Analyse der Führungseigenschaften von Politiker*Innen durchzuführen. Als Benchmark haben wir Profile von DAX-Vorständen herangezogen.

Insights ——————————————

  • Erfolgreiche Politiker weisen in den Führungseigenschaften und Kompetenzprofilen ähnliche Werte auf wie erfolgreiche DAX-Vorstände.
  • Nicht erfolgreiche Politiker haben Profile, die sie prinzipiell für eine Führungsrolle disqualifizieren. Enttäuschungen bei den Betroffenen sowie Rücktritte sind die Folge. Um dies zu vermeiden, wäre eine personaldiagnostische Analyse vor der Ernennung zu den politischen Posten sehr zu empfehlen.

Artikel ———————————————-

Timothy A. Judge (2002) hat in einer Studie gezeigt, dass u.a. die Persönlichkeitseigenschaften für den Führungserfolg verantwortlich sind. Allen voran: Offenheit, Extraversion und Gewissenhaftigkeit gepaart mit einer hohen emotionalen Stabilität (d.h. niedriger Neurotizismus).

Im Artikel de Molina (2021-1) haben wir Profile von Führungskräften gezeigt. Diese korrelieren mit den Erkenntnissen von Judge. Nun jetzt stellt sich die Frage: Über welches Profil verfügen Politiker und unterscheiden sich diese von denen der Führungskräfte und Vorständen?

Da es sich eine beispielhafte Untersuchung handelt haben nur 6 Profile von jeder Kohorte herangezogen. Die Inputquellen waren Videos von Reden im Bundestag oder im White House bzw. bei Hauptversammlungen.  

Für die Analyse der Videos haben wir wie 2021 ein KI-basiertes Tool der Firma @retorio.ai verwendet. Möglichkeiten und Grenzen dieses Verfahrens haben wir im Artikel de Molina (2021-2) ausführlich beschrieben.

Eigenschafts- und Kompetenzprofile erfolgreicher Politiker

Im Bild 1 sind die fünf Eigenschaften im Big5-OCEAN-Modell abgebildet. Positiv fällt dabei auf, dass Profile von erfolgreichen Politikern denen von DAX-Vorständen qualitativ ähnlich sind, und sie bestätigen damit die Ergebnisse von Judge und de Molina.

Wir wollten weitere Attribute auswerten, um ein vollständigeres Gesamtbild der Politiker zu gewinnen. Bei einer schnellen Betrachtung im Bild 2 fällt die Ähnlichkeit der Profile von Politikern und Vorständen auf, und dies praktisch in allen Aspekten von sozialer Bindung, über Identifikation mit der Aufgabe bis hin zu Umgang mit anderen Peers.

Aufgrund der Ähnlichkeit haben wir uns dann gefragt: Gelten diese Ergebnisse für alle Politiker oder gibt da Unterschiede unter den Politikern?

Eigenschafts- und Kompetenzprofile nicht erfolgreicher Politiker

Die oben gezeigten Ergebnisse betrafen nur erfolgreiche Politiker (siehe Headerbild). Wir haben deshalb eine Reihe von nicht erfolgreichen und mangels Leistung zurückgetretenen Politikern ausgesucht, und diese nach dem gleichen Verfahren analysiert. Die Unterschiede zu den erfolgreichen Politikern sind dann da.

Im Bild 3 haben eine Gegenüberstellung der Big5-Eigenschaften von erfolgreichen und nicht erfolgreichen Politikern abgebildet.

Die nicht erfolgreichen Politiker zeigen ein umgekehrtes Profil auf: Geringe Offenheit, Gewissenhaftigkeit und Extraversion. Dafür aber hohen Neurotizismus. Nach Judge sind diese Personen prinzipiell für die Führung nicht geeignet. Ihre Erfolglosigkeit und Rücktritte könnten ihren Ursprung in diesen schwachen Eigenschaftsprofilen haben.

Im Bild 4 haben wir dann weitere Attribute beider Gruppen von Politikern dargestellt. Die Unterschiede fallen hier sehr stark aus, gerade in relevanten Aspekten wie soziale Bindung, Teamorientierung, Identifikation mit den Aufgaben, Autonomie usw.

Fazit

Erfolgreiche Politiker weisen in den Führungseigenschaften und Kompetenzprofilen ähnliche Werte auf wie erfolgreiche DAX-Vorstände.

Nicht erfolgreiche Politiker haben Profile, die sie prinzipiell für eine Führungsrolle disqualifizieren. Enttäuschungen bei den Betroffenen sowie Rücktritte sind die Folge. Um dies zu vermeiden, wäre eine personaldiagnostische Analyse vor der Ernennung zu den politischen Posten sehr zu empfehlen. So agiert die Industrie und diese Vorgehensweise hat sich bewährt.

Testverfahren

Diese Analyse haben wir das HR-Tool ThinkSimple+ von @ThinkSimple.io durchgeführt. Für die KI-basierte Auswertung wurde das Tool von @retorio.ai verwendet.

Literatur

Judge T.A. et al (2002) Personality and Leadership: A qualitative and quantitative review, in: Journal of Applied Psychology, 87 (4) 765-780.

de Molina, K.-M. (2021-1) Was macht eine gute Führungskraft aus? Link: https://www.hrjournal.de/was-macht-eine-gute-fuehrungskraft-aus/

de Molina, K.-M. (2021-2) KI-Einsatz in Videointerview: Was geht, was geht nicht? Link: https://www.hrjournal.de/ki-einsatz-in-videointerviews-was-geht-was-geht-nicht/

#ArtificialIntelligence #kuenstlicheIntelligenz #Personaldiagnostik

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Seit Sonntag überschlagen sich die Kommentare über die zurückgetretene Bundministerin Anne Spiegel. Journalisten, Politiker, Fach- und Führungskräfte haben ihr Votum auf Basis ihrer Erfahrungen und Ideologien verfasst. Aus meiner Sicht waren viele zutreffend, andere sehr einseitig.

Hier möchte ich Frau Anne Spiegel arbeitspsychologisch analysieren. Einschränkend muss ich vorschicken, dass die vorliegenden Daten nur eine schnelle Betrachtung zulassen. Die Ergebnisse vermitteln ein Bild, das mit den ergänzenden Informationen von Beobachtern zu korrelieren scheint. Ich möchte diese Analyse als eine Hypothese hinstellen. Kein Votum, kein Gutachten. Eine Plausibilisierung und Validierung sind von Nöten.

Die arbeitspsychologische Analyse basiert auf der Auswertung von Videos von Frau Spiegel mittels künstlicher Intelligenz (KI). Dieses KI-Tool haben im Rahmen von diversen Projekten plausibilisiert (de Molina, 2021).

Im Rahmen von Projekten konnten wir mit der KI drei Arten von Persönlichkeitsprofilen herausarbeiten: High-Performer, Middle-Performer und Low-Performer.

Profile von High-Performern haben praktisch alle DAX-Vorstände, Unicorn-Gründer und erfolgreiche Professionals unabhängig von den Hierarchieebenen.

Als Bundesministerin hatte Frau Spiegel eine Führungsfunktion inne und war zuständig für fast 1.000 Mitarbeitenden. Um in dieser Aufgabe erfolgreich zu sein, wäre es sinnvoll bis notwendig, dass Frau Spiegel über ein Profil als High-Performer verfügt.

Im Bild 1 haben wir einen Vergleich zwischen dem Big5-Profil von Frau Spiegel und dem von DAX-Vorständen dargestellt. Die Unterschiede sind sehr ausgeprägt. Frau Spiegel hat das Profil eines Low-Performers. Das könnte eine erste Erklärung dafür liefern, warum sie überfordert war.

Wir wollen diese Big5-Analyse nicht überbewerten und suchen nach weiteren Hinweisen. Wir werten weitere Attribute aus und sehen, welche weiteren Erkenntnisse wir dabei gewinnen.

Im Bild 2 haben wir eine Kompetenz- und Präferenzanalyse auf KI-Basis dargestellt. Manche Attribute sind sehr prägnant. Gehen wir der Reihe nach.

Frau Spiegel wünscht sich „stabile Arbeitsprozesse“, d.h. eher Routinetätigkeit, keine große Arbeitsvielfalt. Das ist mit einer Führungsfunktion nicht kompatibel. Auch ihr Detailfixierung ist für eine Führungsfunktion nicht geeignet. Dazu kommen mangelnde Autonomie, wenig Teamorientierung und schwachen Umgang mit anderen. Diese Attribute zeichnen ein Bild einer Mitarbeiterin aus der unteren Ebenen, nicht das Bild einer Führungskraft.

Und dann fragt man sich: Ehemann krank, vier Kinder zu Hause und 4 Jobs draußen. Wie lässt sich das erklären? Doch: Ihre Wettbewerbsorientierung, d.h. sie ist sehr ehrgeizig. In sich gut. Nur zu viel, ist zu viel.

Im Klartext: Wie es scheint, verfügt Frau Spiegel nicht über die nötigen Eigenschaften und Kompetenzen, um als Führungskraft in gehobenen Positionen zu bestehen.

Ich wiederhole: Das ist eine erste Analyse. Eine Plausibilisierung mittels weiterer Daten ist von Nöten.

In der Industrie sind wir bestrebt „die Richtigen am richtigen Platz“ einzusetzen. Dafür verwenden wir zahlreiche diagnostische Instrumente. Auch unser Unternehmen hat HR-Tools dafür entwickelt und diese werden von unseren Kunden eingesetzt.

Unsere Politiker wären gut beraten, auch solche Instrumente bei der Personalauswahl zu verwenden. Damit würden sie Menschen wie Anna Spiegel nicht überfordern und letztlich innerlich zerstören. Das war unmenschlich!

Schuld an der falschen Besetzung tragen nicht allein die Kandidaten, sondern auch die Parteien.

Politiker sollten von den Unternehmen lernen und Personalentscheidungen kompetenzbasiert treffen.

Wir wünschen Frau Anne Spiegel einen guten Restart ins Berufsleben. Wo auch immer, aber kompetenzbasiert mit einem guten Job-Fit.

Literatur

de Molina, K.-M. (2021) KI-Einsatz in Videointerview: Was geht, was geht nicht?

Link: https://www.hrjournal.de/ki-einsatz-in-videointerviews-was-geht-was-geht-nicht/

#AnneSpiegel #ArtificialIntelligence #kuenstlicheIntelligenz #Personaldiagnostik

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Zusammenfassung

Namhafte Studien betonen die Bedeutung von Future Skills für die Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit von Organisationen. Ein Up-Skilling von Future Skills ist nur dann effizient und kostenoptimiert, wenn Agilität, Individualität und User Experience in den Vordergrund rücken. Darüber hinaus braucht es einen abgestimmten und datenbasierten Prozess bestehend aus Eignungsdiagnostik, Lerndiagnostik und individualisierter Entwicklung.

Erst eine selbstständige, flexible und schnelle Konfiguration der Kompetenzmodelle, der Lernprozesse und der Lerninhalte sichern die nötige Agilität im Up-Skilling.

Die Individualität, d.h. die User-Zentrierung, muss auf mehreren Ebenen gewährleistet sein: rollenspezifische Kompetenzmodelle, typengerechte Ansprache der Lernenden, adaptiver Lernprozess und -content, Beachtung des Lerntyps, der -präferenzen, der -widerstände, des -levels, Einbeziehen von KI in der Learn Analytics. Und vieles mehr.

Die Bereitstellung von Lerninhalten durch geschlossene LMS-Systeme wird nicht empfohlen, sondern vielmehr sollen Zugänge zu kuratierten und flexiblen Inhalten ermöglicht werden.

  • Einleitung

NEW WORK, Digitalisierung, VUCA sind keine Buzzwords mehr. Sie haben unsere Berufswelt grundlegend verändert. Sowohl die Job- als auch die Kulturprofile in den Unternehmen brauchen ein Update. Im NEW WORK Zeitalter erwarten Mitarbeitende einen transformationalen und keinen transaktionalen Führungsstil. Digitalisierung erfordert von allen Mitarbeitenden „digital literacy“, d.h. sicheren Umgang mit Apps, Online-Applikationen, Webconferencing usw.  Im Umgang mit einem VUCA-Umfeld erfordert mehr Agilität, Kreativität, Lösungsorientierung usw.

Eine mögliche Antwort auf all diese Herausforderungen ist die Weiterentwicklung der Future Skills, d.h. Up-Skilling.

In der Studie von StepStone und Kienbaum (2021) sagt die Mehrheit der Befragten deutschen HR´ler, dass für sie Future Skills relevant sind, auch wenn diese Relevanz zugleich unscharf ist und ein klares Bild über die Zukunftskompetenzen nicht vorliegt.

Unser Konzept für Future Skills beinhaltet 3 Schritte. Der erste Schritt ist der Kompetenzanalyse mit einem Kompetenzkatalog, konzipiert für die neue Arbeitswelt. Dieser Katalog beinhaltet neue Kompetenzklassen wie Zukunftsfähigkeit, Transformation, Digitalität, Anpassungsfähigkeit, ohne die altbewährten wie Methoden, Soziale, Personale und Aktionale zu vernachlässigen (Bild 1). Dieser Kompetenzkatalog liefert die Basis für die Aufstellung von individualisierten Kompetenzmodellen -wie wir später sehen werden.

Die BCG Studie „The Future of People Management Priorities 2021” empfiehlt eine proaktive Rolle bei der Entwicklung der digitalen Kompetenzen in der Organisation.

Gemäß der Studie von Gartner (2021) über die „Top5 Priorities for HR-Leaders“ sagen 68% der Befragten, dass sie die Entwicklung der Future Skills in ihrer Organisation als Prio 1 ansehen.

Bild 1: Kompetenzklassen für Future Skills (ThinkSimple 2021) im Vergleich zu alten Kompetenzkatalogen (Erpenbeck 2007).

Bild 2: Soft Skills werden noch nicht konsequent entwickelt, auch wenn laut Gartner Studie geplant ist.  Studie der PINK University (2021) und Gartner (2021)

Und zugleich offenbart eine Studie der PINK University (2021) Lücken: 49% der Befragten HR-Verantwortlichen sagen, dass in ihrer Organisation Future Skills nicht speziell geschult werden. Wenn wir diese Aussage mit der Gartner Studie kombinieren, dann heißt, geplant aber noch nicht umgesetzt.

Nach Widuckel & de Molina (2021) könnte ein umfangreiches Persönlichkeitsmodell bestehend aus Eigenschaften, Kompetenzen, Werten, Motive, Präferenzen, Emotionen und Sprache bestehen. Das sind ca. 275 Attribute. Darin sind ca. 60 konkrete Kompetenzen enthalten. M. Lombardo & R. Eichinger (1996) listen ca. 170 Kompetenzen.

Im Buch Kompetenzen der Zukunft – Arbeit 2030 (2018) listen Unternehmen ihre aktuellen Kompetenzmodelle, mit denen sie ihre Mitarbeitenden analysieren und entwickeln. Die meisten davon haben die Digitalisierung nicht in den Fokus gerückt.

Bild 3: Die Kompetenzprofile ändert sich im Lauf der Zeit. Hier die relevanten Kompetenzen nach Jahrhundert vereinfacht dargestellt (de Molina, 2015)

Viele Berater haben seit 2019 Kompetenzmodelle fürs NEW WORK – Zeitalter entwickelt: W. Jochmann (2017 und 2021), R. Nagel (2021), Groß (2019).

Seit 2018 haben wir zahlreiche Studien und Veröffentlichungen über neue Soft Skills gescreent, die einen klaren Bezug auf NEW WORK, VUCA und Digitalisierung haben:

  • World Economic Forum 2020
  • The Skills Companies Need Most in 2019 und 2020 (LinkedIn)
  • Uwe Schirmer et al., in PERSONALFÜHRUNG 2020
  • Zukünftig nachgefragte Kompetenzen, Bertelsmann Stiftung, 2020
  • PINK University 2021

Aufbauend auf unserem bewährten Kompetenzmodell von ThinkSimple (2016) und unter Berücksichtigung u.a. der oben aufgeführten Modelle haben wir einen neuen und umfangreichen Kompetenzkatalog aufgestellt. Dieser besteht aus 10 Kompetenzklassen und 183 Einzelkompetenzen.

Der ThinkSimple Kompetenzkatalog dient als Datenbank für die Erstellung der rollenspezifischen Modelle in den Unternehmen in Kundenprojekten. Dieser umfangreiche Katalog beschränkt sich auf Soft Skills (d.h. keine Hard-Skills) und lässt sich zwischen den 4-Kompetenzklassen Modellen von Rosenstiel-Erpenbeck-Kauffeld und den Digital Skills verorten. Daher beinhaltet unser Katalog die Standardkompetenzen: Soziale, Personale und Methoden, sowie digitale Fähigkeiten wie „digital Literacy“ (Bild 4).

Bild 4: Soft Skills als Schnittstelle zu den Digital Skills 

  • Kompetenzmodell aus dem Kompetenzkatalog

Bei der Konzeption eines neuen Modells für das eigene Unternehmen ist es hilfreich, die Anhaltspunkte von Campion et al (2011) in Betracht zu ziehen:

  • Das Kompetenzmodell soll einen Bezug zur Tätigkeit haben entweder durch die Auswahl der Kompetenzen oder durch die Festlegung des Ausprägungsniveaus
  • Zum Kompetenzmodell gehört ein Jobprofil (auch Rollenprofil genannt) zur Festlegung des Anforderungsniveaus
  • Das Anforderungsniveau kann durch eine Aufteilung in verschiedenen Levels beschrieben werden
  • Das Kompetenzmodell sollte aus der Unternehmensstrategie abgeleitet werden und kann auf die Zukunft ausgerichtet sein (Transformation)
  • Kompetenzmodelle liefern die Basis für die zielgerichtete Personalentwicklung
  • Kompetenzen lassen sich am Verhalten beobachten
  • Kompetenzmodelle ermöglichen die Kompetenzfeststellung im Recruiting, Talent Management und in der Nachfolgeregelung
  • Mit den Kompetenzmodellen lassen sich High und Low Performer feststellen
  • Bei der Zusammenstellung der Liste der Kompetenzen sollen auch Führungskräfte mitwirken
  • Die Liste der Kompetenzen soll aus der Tätigkeitsanalyse abgeleitet werden

Tabelle 1: Empfehlungen von Campion (2011) beim Aufbau eines Kompetenzmodells

Zwischen 2013 und 2015 haben Prof. Joachim Thomas und ich ein Kompetenzmodell für ThinkSimple entwickelt. Dieses besteht aus den bekannten Kompetenzklassen von Rosenstiel-Erpenbeck, jedoch mit anderen zugeordneten Kompetenzen.

Aufgrund der Kundenerfahrung mit unserem Modell möchte ergänzend zur obigen Tabelle 1 folgende Punkte auflisten:

  • Die Modelle müssen sich für die Anwendung innerhalb der Organisation leicht individualisieren lassen. Z.B. durch Auswahl aus einem Katalog
  • Es sollen Rollenspezifische vorkonfigurierte Modelle vorliegen, da diese die Arbeit der Personalabteilung erleichtern
  • Die Kombination aus Katalog, vorkonfigurierten Modellen und Autorensystemen ermöglicht eine schnelle Aufstellung des passenden Modells
  • Um sozialerwünschte Antworten beim Assessment im Recruiting zu vermeiden, sollten MultiChoice-Antworten zur Anwendung kommen
  • Die Anzahl der Items pro Kompetenz soll nicht geringer als 5 sein
  • Die Likert-Skala sollte zwischen 6 und 11 Stufen haben. Letztere wird bevorzugt.
  • Die Items sollen positive wie negative Formulierungen enthalten, um eine Antwort-Neigung zu vermeiden
  • Werden geschlossene Fragen und keine Anker verwendet, dann soll die größte Zustimmung auf der rechten Seite sein
  • Die Items sollen für alle User die gleiche Reihenfolge aufweisen, damit eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse gegeben ist
  • Die Items müssen randomisiert werden

Tabelle 2: Weitere Empfehlungen von uns für den Aufbau eines Kompetenzmodells (siehe auch Tabelle 1)

  • Erstellung der Rollenprofile

Eine Voraussetzung für die Eignungsdiagnostik ist das Vorhandensein von rollenspezifischen Sollprofilen. Nur so dienen die Test-Ergebnisse der Feststellung des Skills-Gap und ermöglichen eine realitätsnahe Weiterentwicklung. Alles andere verunsichert die Mitarbeitenden und Bewerbenden, und führt die Weiterentwicklung „ab absurdum“.

Wie kann eine Organisation diese Sollprofile passgenau, flexibel und einfach entwickeln? Hier unser Konzept:

#1: Verwendung von Rollenprofilen aus der Datenbank vom Tool-ThinkSimple+

Hier sind Rollenprofile verfügbar und geclustert nach Positionen (Berufseinsteiger, Experte, Führungskraft, Geschäftsführung, Freelancer usw.), nach Aufgabenbereichen (Sales, Marketing, Controlling, HR usw.) und nach den Rollen in den jeweiligen Aufgabenbereichen. Insgesamt verfügt heute das System über 300 Rollenprofile.

#2: Anpassung der Datenbank-Rollenprofile fürs eigene Unternehmen oder/und Erzeugung neuer Profile

Die vorhandenen Datenbank-Rollenprofile lassen sich schnell für die Bedürfnisse der eigenen Organisation ändern. Darüber hinaus lassen sich neue Rollenprofile generieren. Die Änderungen bzw. die neuen Rollenprofile bedürfen i.R. der firmeninternen Abstimmung mit den Fachabteilungen.

#3: Ableitung von Rollenprofilen aus den Big Data

Sobald die Mitarbeitenden und Bewerbenden die Tests durchgeführt haben, entstehen Daten von realen Profilen. Diese anonymisierten und nach Rollen gruppierten Profile können für die Generierung von organisations-spezifischen Rollenprofilen verwendet werden, siehe Bild 5.

Bild 5: Big Data dient der Erzeugung von Benchmark – Daten für die Sollprofile der einzelnen Stellen im Unternehmen für die Mitarbeitende und Bewerbende.

  • Konfiguration der organisationsspezifischen Modelle

Im 2. Abschnitt haben wir grundsätzliche Aspekte des Kompetenzkatalogs aufgeführt und einige Hinweise für die Erstellung der organisationsspezifischen Modelle geliefert.  In diesem Abschnitt möchten wir die konkrete Zusammenstellung des Modells besprechen.

2016 sind mit unserem One-Fit-All-Kompetenzmodell auf den Markt gegangen. Damals wünschten sich wenige Organisationen ein firmenspezifisches Modell. Heute ist es anders und es ist gut so. Wie können Organisationen ein firmenspezifisches Kompetenzmodell aufstellen? Wie viel Expertise muss bei HR und bei den Fachabteilungen dafür vorhanden sein? Sind immer externe Berater notwendig?

Viele Beratungsunternehmen werden gerade für Aufbau von unternehmensspezifischen Kompetenzmodellen im Rahmen von Projekten herangezogen. Diese Projekte sind zumeist kostspielig und zeitintensiv. Muss es immer so sein? Wir möchten hier eine Alternative dazu präsentieren.

Im Wesentlichen gibt es vier verschiedene Ausgangssituationen:

#1: Das Unternehmen verfügt bereits über mehrere rollenspezifische Kompetenzmodelle

#2: Das Unternehmen verfügt bereits über ein unternehmensweites Kompetenzmodell

#3: Das Unternehmen verfügt über die nötige Expertise, um auf Basis von Vorlagen ein oder mehrere Kompetenzmodelle aufzubauen

#4: Das Unternehmen verfügt nicht über die nötige Expertise und daher bedarf es an externer Unterstützung

Tabelle 3: Verschiedene Ausgangssituationen für die Aufstellung eines Kompetenzmodells

Die Wege zu einem Future Skills – Modell ist je nach Ausgangslage unterschiedlich. Diese Wege werden wir nachfolgend erläutern.

Ausgangslagen #1 und #2: Das Unternehmen verfügt über eine Auflistung von Kompetenzen

In diesem Fall greift unser Vorschlag mit dem Autorensystem, d.h. der Kunde wählt aus dem Kompetenzkatalog die entsprechenden Kompetenzen aus und trägt die im Unternehmen vorhandenen Items (geschlossene Fragen bzw. Anker) in das Tool ein. Wenn die Items nicht vorhanden sind, werden die im Tool hinterlegten Items verwendet.

Sollten rollenspezifische Modelle vorliegen, werden diese automatisch den jeweiligen Rollen zugeordnet.

Bis hier haben wir ein reines Autorensystem beschrieben. Eine Kombination aus dem Autorensystem und dem Kompetenzkatalog ist immer möglich.

Ausgangslage #3: Das Unternehmen verfügt über die nötige Expertise, um auf Basis von Vorlagen eins oder mehrere Kompetenzmodelle aufzubauen

In dieser Lage befinden sich die meisten Unternehmen, weil für jede Position zumeist eine Stellenbeschreibung vorliegt. Vielleicht nicht niedergeschrieben, aber doch „im Kopf“ vorhanden. Man muss diese nur niederschreiben und daraus die notwendigen Kompetenzen ableiten. Gerade dazu dient unser Kompetenzkatalog in ThinkSimple+. Hier findet die Organisation (HR & Fachabteilungen) die notwendigen Kompetenzklassen und deren jeweiligen Kompetenzen.

Bild 6: Auswahl der rollenspezifischen Kompetenzen aus dem Kompetenzkatalog. 

Anhand eines eintägigen Workshops kann das Unternehmen in die Situation versetzt werden, die Aufstellung der Kompetenzmodelle selbstständig zu erledigen. Und in späteren Änderungen und Erweiterungen können die Organisationen selbstständig agieren. Das spart Zeit und Geld, und erhöht die Flexibilität.

Ausgangslage #4: Das Unternehmen verfügt nicht über die nötige Expertise und daher bedarf es an externer Unterstützung

In diesem Fall kann die Organisation unsere schnelle und flexible Beratungsleistung in Anspruch nehmen. Das Ziel dabei muss sein, „Hilfe zur Selbsthilfe“, damit die Organisation nachträglich Änderungen und Aufgaben selbstständig durchführen kann.

Im Bild 7 haben wir die drei Quellen für die Aufstellung des Kompetenzmodells zusammengetragen.

Bild 7: Vorgehensweise beim Aufbaue eines individualisierten Kompetenzmodells. 

  • Vorteile des vorgeschlagenen Konzeptes

Welchen Vorteil haben die Organisationen durch unseren Vorschlag? Diese finden Sie im Bild 8 zusammengefasst.

Bild 8: Vorteile durch das Future Skills – Konzept von ThinkSimple

  • Beispiel für ein Kompetenzmodell

Stellen wir uns vor, Sie Mitarbeitende aus dem Umfeld Kaltakquise analysieren. Kaltakquise heißt z.B. Kontaktfindung, -ansprache und Abschluss. Es entspricht dem Vertriebsarchetyp „Terrier“. Wir haben eine Kompetenzliste zusammengetragen und daraus würden HR und die Fachabteilung die 9 bis 10 wesentlichen Kompetenzen auswählen, und für den Test bereitstellen, siehe Bild 9.

Bild 9: Beispiel fürs Referenzmodell für die Rolle Kaltakquise (Archetyp Terrier). Aus diesen 19 Basiskompetenzen wählen gemeinsam HR und die Fachabteilungen die relevanten 9 bis 10 Kompetenzen für den Test.

  • Up-Skilling

Bislang haben wir uns konzentriert auf das Thema Kompetenzfeststellung in der Eignungsdiagnostik. Damit erfassen wir nur den Kompetenz-Gap. Die Reise geht anschließend weiter in Richtung Lerndiagnostik und individualisierte Entwicklung.

Mit der Lerndiagnostik stellen wir fest, welche Voraussetzungen bzw. Präferenzen fürs Lernen vorliegen. Das Gießkannen-Prinzip hat ausgedient. Lernende erwarten individualisierte Inhalte und Prozesse. Auch KI ersetzt die Lerndiagnostik nicht. Sie ergänzt sie vielmehr. Die heutigen KI-Konzepte basieren auf Inhalten von Peers, Bewertungen und auf Gewohnheiten. Das ist sicherlich hilfreich. Es reicht aber für eine echte Individualisierung nicht aus. Daher führt die Kombination aus Lerndiagnostik und Kompetenz-Gap zur individualisierten Entwicklung.  

Bild 10: Die drei Schritte im Future Skills. KI allein reicht nicht aus. Erst die Kombination aus Personal- und Lerndiagnostik zusammen mit KI erhält der User individualisierte Inhalte und Prozesse.

  • Take Aways

Ein effizientes und kostenoptimiertes Up-Skilling in Future Skills geht in drei Schritten vor: Eignungsdiagnostik, Lerndiagnostik und individualisierte Entwicklung.

Für die Eignungsdiagnostik empfiehlt sich die Aufstellung von rollenspezifischen Kompetenzmodellen mit den zugehörigen datenbasierten Rollenprofilen.

Erst die Lerndiagnostik trägt der Individualität des Lernenden Rechnung. Und nur so lässt sich eine motivierende Entwicklung garantieren. Dabei kann KI bei der Auswahl der Inhalte als Ergänzung zur Lerndiagnostik helfen, jedoch sie nicht ersetzen.

Die Bereitstellung von Lerninhalten durch geschlossene LMS-Systeme wird nicht empfohlen, sondern vielmehr sollen Zugänge zu kuratierten und flexiblen Inhalten ermöglicht werden.

Quellen

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Bertelsmann Stiftung (2020) Zukünftig nachgefragter Kompetenzen, Gütersloh

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Campion, M. (2011) Doing Competencies well – Best Practices in Competency Modelling, in Personell Psychology 2011, 64

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Erpenbeck, J.  von Rosenstiel, L. (2007) Handbuch der Kompetenzmessung, Stuttgart

Gartner (2021) Project Management Skills for the Digital Era, Gartner.com

Groß, M. et al (2019) Kompetenzmodell für mehr Agilität in Personalführung 6/2019

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Jochmann, W. et al. (2021) Digitalkompetenz messen in Personalführung 4/2021

Krumm, S.; Schmidt-Atzert, K. (2009), Leistungstests im Personalmanagement, Hogrefe

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de Molina, K., Thomas, J. (2016) Kompetenzmodell für mehr Performance, online unter www.ThinkSimple.de

de Molina, K. (2015) Komplexitätsreduktion im Führungsalltag reduzieren – Der Weg zu Leichtigkeit in der Arbeit, Haufe, Freiburg

Nagel, R. (2021) in Personalmagazin

PINK University (2021) Schlüsselkompetenz Future Skills: Tipps für die Vermittlung in Ihrem Unternehmen

Schirmer, U. et al. (2020) Welche Kompetenzen braucht eine gute Führungskraft, In Personalführung

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StepStone & Kienbaum (2021) Future Skills – Future Learning

Widuckel, W., de Molina, K.-M. (2021) Arbeitskompetenzen im beruflichen Alltag, Seminarunterlagen, Universität Erlangen-Nürnberg

World Economic Forum (2020) Die Top 10 Skills im Jahr 2025 in www.weforum.org

Der Autor

Dieser Artikel fußt auf der gesammelten Erfahrung des Autors in über 10 Unternehmen unterschiedlicher Größe: Vom DAX-Konzern über Mittelständler bis hin zum eigenen Start-up mit 15 Mitarbeitern. Regionale Unterschiede (7 Bundesländer) sowie öffentlicher Dienst (Universität) wie produzierendes Gewerbe in der Automobilzulieferindustrie oder reine Dienstleistung in Software-Unternehmen. Dazu unzählige Unternehmen, mit denen der Autor als Kunde bzw. als Lieferant in enger Beziehung stand. Dieser „Unternehmens-durchmarsch“ ermöglichte einen Einblick in viele Unternehmenskulturen: Gute wie schlechte. Der Autor hat zahlreiche Seminar für Führungskräfte-Entwicklung im Bereich Kompetenzen, Performance, Komplexität, Arbeitsmethoden, Stressresistenz geleitet. Er hält seit Jahren Seminare in deutschen Universitäten über Kompetenzen, Kultur und Motivation; und hat Bücher und Artikel darüber geschrieben. Der Autor hat das Tool ThinkSimple+ entwickelt, wo der Cultural Fit sowie ein Performance-Potenzial-Index ermittelt werden.

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